Jacquelin Kluge, Carmen Zurbriggen, Janine Schledjewski und Michael Grosche haben sich daher im Rahmen der INSIDE-Studie angesehen, wie allgemeinpädagogische Lehrkräfte und sonderpädagogische Lehrkräfte schulische Aufgaben unter sich aufteilen.
Die Ergebnisse zeigen vier verschiedene Formen der Aufgabenteilung. Allgemeinpädagogische Lehrkräfte und sonderpädagogische Lehrkräfte schätzen die Form der Aufgabenteilung dabei teilweise unterschiedlich ein:
- Bei der ersten Form der Aufgabenteilung erledigen die Lehrkräfte vieles gemeinsam: Sie bereiten gemeinsam einen differenzierenden Unterricht vor und führen ihn auch zusammen durch. Sie stellen gemeinsam die Lern- und Entwicklungsstände der Schülerinnen und Schüler fest, nehmen gemeinsam an Teambesprechungen teil und beraten gemeinsam die Eltern. Allgemeinpädagogische Lehrkräfte behalten dabei aber eine stärkere Verantwortung für den regulären Klassenunterricht und sonderpädagogische Lehrkräfte für die Förderung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischen Förderbedarfen. Von dieser Form der Aufgabenteilung berichten die meisten der befragten Lehrkräfte (rund 40 Prozent), wobei allgemeinpädagogische Lehrkräfte und sonderpädagogische Lehrkräfte gleichermaßen vertreten sind.
- Bei der zweiten Form ist die Aufgabenteilung sehr ähnlich. Allerdings sind die allgemeinpädagogischen Lehrkräfte im Unterschied zu der ersten Form eher allein für die Vorbereitung und Durchführung von differenzierendem Unterricht verantwortlich. Ein Drittel der befragten Lehrkräfte (rund 31 Prozent) berichtet, dass diese Form der Aufgabenteilung auf sie zutrifft. Im Vergleich sind es aber mehr allgemeinpädagogische Lehrkräfte (rund 35 Prozent) als sonderpädagogische Lehrkräfte (rund 17 Prozent).
- Bei der dritten Form der Aufgabenteilung übernehmen allgemeinpädagogische Lehrkräfte sehr viele Aufgaben allein. Nur die Feststellung der Lern- und Entwicklungsstände der Schülerinnen und Schüler und die Förderung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischen Förderbedarfen wird von allgemeinpädagogischen und sonderpädagogischen Lehrkräften gemeinsam übernommen. Von dieser Form der Aufgabenteilung berichten rund 16 Prozent der Lehrkräfte, allerdings fast ausschließlich allgemeinpädagogische Lehrkräfte und kaum sonderpädagogische Lehrkräfte.
- Bei der vierten Form der Aufgabenteilung ist es genau andersherum: Hier übernehmen sonderpädagogische Lehrkräfte sehr viele Aufgaben allein. Dazu gehören die Durchführung und Planung von differenzierendem Unterricht, die Feststellung der Lern- und Entwicklungsstände der Schülerinnen und Schüler und die Förderung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischen Förderbedarfen. Die allgemeinpädagogischen Lehrkräfte behalten nur die Verantwortung für den regulären Klassenunterricht. Die Teambesprechungen und die Beratungen von Eltern werden gemeinsam übernommen. Rund 13 Prozent der befragten Lehrkräfte geben an, in dieser Form zusammenzuarbeiten. Im Vergleich sind es aber deutlich mehr sonderpädagogische Lehrkräfte (rund 46 Prozent) als allgemeinpädagogische Lehrkräfte (rund 10 Prozent).
Die teilweise unterschiedlichen Einschätzungen von allgemeinpädagogischen Lehrkräften und sonderpädagogischen Lehrkräften kommen mutmaßlich dadurch zustande, dass sich die Lehrkräfte nicht immer einig darüber sind, wer für welche Aufgaben zuständig ist. Für die Aufteilung der Aufgaben scheint zudem von Bedeutung zu sein, wie Lehrkräfte gegenüber schulischer Inklusion eingestellt sind und wie erfolgreich sie sich in ihrem Handeln als Lehrkraft fühlen.
Mit der vorliegenden Studie möchten die Autorinnen und Autoren dazu beitragen, dass mehr Wissen darüber gewonnen wird, wie allgemeinpädagogische und sonderpädagogische Lehrkräfte zusammenarbeiten und Aufgaben in inklusiven Schulen aufteilen.
Zum Weiterlesen: Der wissenschaftliche Fachbeitrag „Von Generalist*innen und Spezialist*innen – Welche Typen der Aufgabenteilung lassen sich zwischen Regelschul- und sonderpädagogischen Lehrkräften in inklusiven Schulen der Sekundarstufe I identifizieren?“ ist in dem Heft 5/2024 der Zeitschrift für Pädagogik erschienen (doi.org/10.3262/ZP0000023).